Ich habe gerade eine Rezension auf Steam für Old Man’s Journey gelesen: „Dieses Spiel regt zum Nachdenken an.“
Natürlich. Alles regt irgendwie zum Nachdenken an. Der letzte Marvel-Film genauso wie die vegane Pizza von gestern oder die unerwartet hohe Stromrechnung. „Kann Spuren von Nüssen enthalten“ auf den Cornflakes und ich denke kurz drüber nach, ob ich allergisch bin. Wow. So deep. So thoughtful.
Herzlichen Glückwunsch. Willkommen in der Welt der Tiefgründigkeit. Du Philosoph.
Können wir also bitte aufhören, jedes Mal, wenn uns zu einem Thema absolut gar nichts einfällt, diesen ausgelutschten Satz „Regt zum Nachdenken an“ rauszuhauen? Was soll das überhaupt heißen? Worüber denkst du nach? Warum? Was hast du dabei gedacht? Oder hast du’s einfach geschrieben, weil du in der Schule gelernt hast, dass man irgendwas schreiben muss, wenn einem nichts einfällt? Halloooo, ist da oben gerade Licht an?? Sag was! Trau dich!
Du wirkst so stumpf und langweilig. Öde. Nicht mal dumm, sondern schlimmer: Apathisch.
Vielleicht liegt es daran, dass wir einfach keinen Bock haben. Aber warum dann überhaupt was schreiben? Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der niemand mehr nichts zu sagen haben darf. Wir müssen immer smart wirken. Clever. Reflektiert. Doch das Problem ist: Wir haben Angst, dabei erwischt zu werden, wie wir gerade nicht smart sind. Nicht clever genug, nicht reflektiert genug – und, oh nein, vielleicht sogar ehrlich verwirrt oder ratlos.
Also greifen wir zur ultimativen Joker-Karte: „Regt zum Nachdenken an.“ Es klingt tiefgründig, und niemand kann dich wirklich dafür kritisieren. Denn: Was gibt’s schon Schlechtes daran, dass etwas Gedanken auslöst? Genau genommen nichts. Außer vielleicht, dass wir verdammt noch mal nicht sagen, welche Gedanken das sind und diese scheiss Aussage damit komplett wertlos ist. Ist es die existenzielle Angst vor dem Leben, die Furcht vor Einsamkeit, oder denken wir bloß darüber nach, warum zur Hölle wir die Landschaft in diesem Spiel verschieben müssen?
Wir bleiben bewusst vage, und mich nervt es ehrlich so sehr. Ich flipp da fast aus.
Dabei könnte es so einfach sein: Sag doch einfach mal, was genau dich bewegt! Sag, du verstehst es nicht. Sag, es macht dich wütend. Sag, es berührt dich. Sag, es nervt. Sag irgendwas, aber hör endlich auf, deinen leeren Kopf hinter einer leeren Phrase zu verstecken.
Das jedenfalls werde ich in diesem blog versuchen.